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Massgeschneiderte resonante Piezoaktoren ermöglichen Innovationen mit Ultraschall-Vibrationen

Juli 2022

Mechanische Vibrationen sind in unserem Alltag oft unerkannt nützlich. Insbesondere Vibrationen mit hohen Frequenzen, die vom menschlichen Gehör nicht wahrgenommen werden, können sehr leistungsfähig und in ihrer Wirkung spezifisch sein, ohne dabei störend zu wirken. Geräte, welche solche Vibrationen ermöglichen, basieren oft auf piezoelektrischen Aktoren und werden anwendungsspezifisch entwickelt. Die Technologie hat sich seit ihrer Erfindung stark entwickelt und eröffnet in Kombination mit leistungsfähiger, preisgünstiger Elektronik immer mehr Anwendungsgebiete. Helbling entwickelt massgeschneiderte Hochfrequenz-Vibrationssysteme seit mehr als 15 Jahren. Dabei profitieren Kunden von spezifischem Expertenwissen, hochspezialisierten Entwicklungslabors und interdisziplinärer Ingenieurskompetenz.

Kleinste Vibrationen haben grosse Wirkung

Nach einem langen Arbeitstag kehrt Peter nach Hause zurück und fährt sein Auto in die Garage. Der Signalton des Parkassistenten wird lauter, je näher die Stossstange der Mauer kommt. Peter fährt langsam vor, bis das Signal den bekannten, kontinuierlichen Ton erreicht. Dabei vertraut er dem Parkassistenten und muss sich nicht um Kratzer in der Karosserie sorgen. Was Peter dabei nicht hört, sind Schallwellen, welche der Parkassistent während des Einparkens kontinuierlich ausstösst: Der Parkassistent nutzt einen in der Stossstange integrierten Sensor, der kurze Pulse in Ultraschall (US) aussendet. Dabei wird die Zeit gemessen, bis die Schallwelle von der Wand reflektiert wird und wieder zum Sensor gelangt. Das System wurde so entwickelt, dass Peter die akustischen Signale aufgrund ihrer hohen Frequenz nicht hört und dennoch stark genug sind, damit das Echo von der Wand zuverlässig gemessen werden kann.

Resonante Piezoaktoren wurden vor mehr als einem halben Jahrhundert für Schallmessgeräte unter Wasser entwickelt. Heute werden sie in diversen Anwendungen eingesetzt, welche weit über das Auffinden von U-Booten und Peters Parkassistent hinausgehen: Systeme mit resonanten Piezoaktoren messen den Fluss in Ölpipelines, schweissen Plastik in der industriellen Produktion, reinigen Brillengläser und Teile in der Werkstatt, entkalken Zähne beim Zahnarzt (z.B. Abbildung 1), mischen chemische Substanzen im Labor, fokussieren Objektive in der Fotografie, oder visualisieren den Fötus in der Gebärmutter. Helbling hat für Kunden Piezoaktoren mit breiten Anwendungsgebieten entwickelt. Darunter sind Hörhilfen, chirurgische Instrumente etwa zur Entfernung von Nierensteinen, diagnostische Instrumente zur Zellanalyse, Parfumzerstäuber oder Antriebe in Uhrwerken.

Je nach Anwendung werden Piezoaktoren sehr unterschiedlich ausgelegt: Sie können so klein sein wie ein Reiskorn oder so gross wie eine Weinflasche, so stark wie eine Ameise oder so destruktiv wir ein Bohrhammer, eigenständig oder synchron im Verbund mit dutzenden anderen Piezoaktoren. Dennoch haben sie einige Gemeinsamkeiten. Sie generieren Vibrationen in Frequenzbereichen, welche vom menschlichen Gehör nicht wahrgenommen werden (grösser 22 kHz bis mehrere MHz). Zudem und führen sie nützliche Funktionen durch mit mechanischen Auslenkungen, welche vom menschlichen Auge nicht gesehen werden (Nanometer bis zu einigen Mikrometern). Ferner basieren sie stets auf denselben Baugruppen: Eine elektronische Schaltung generiert ein massgeschneidertes elektrisches Anregungssignal und ein Piezoelement wandelt das elektrische Signal in eine mechanische Auslenkung im Submikrometerbereich um. Letztlich verstärkt und überträgt ein vibrierender mechanischer Körper die Vibration. Für einen effizienten und wirksamen Betrieb müssen die Baugruppen fein aufeinander abgestimmt werden.

Die Aufgaben verstehen

Bei Helbling beginnt die Entwicklung eines resonanten Piezoaktors stets mit dem Verstehen der Anwendung. Die gewünschte Wirkung und die Funktion müssen grundlegend geklärt werden. Entscheidend ist beispielsweise, ob das akustische Signal in eine Flüssigkeit eingeleitet wird, sich entlang einer Oberfläche ausbreitet, oder sich destruktiv auf einen Gegenstand auswirken soll. Ferner entscheidet die Anwendung über die Frequenz, Amplitude und Leistung der mechanischen Vibration. Externe Randbedingungen wir Lebensdauer, Temperatur, Grösse, Fabrikationsmethoden und Kosten müssen gleichermassen verstanden werden, um die Systemarchitektur optimal auszulegen.

Die Baugruppen verstehen

Eine resonanter Piezoaktor hat mindestens zwei, in der Regel jedoch drei oder mehr Oszillatoren, welche eng verbunden in einer Kette aufgebaut sind und sich synchron bewegen (siehe Abbildung 2). Die Piezoelemente enthalten zwei wichtige Oszillatoren: Ein Oszillator schwingt elektrisch und der andere Oszillator schwingt mechanisch, das heisst in Form von elektrischem Strom und Spannung beziehungsweise in Form von Bewegung und Kraft. Aufgrund der Materialeigenschaften piezoelektrischer Kristalle sind die zwei Oszillatoren eng miteinander gekoppelt, vergleichbar mit einem siamesischen Zwilling. Hohe Spannungen (oft dutzende bis hunderte von Volt) sind notwendig, um unwiderstehlich kraftvolle und winzige Bewegungen zu generieren (typischerweise weit unter einem Mikrometer).

Abbildung 2: Schematische Darstellung der Baugruppen eines resonanten Piezoaktors / Abbildung: Helbling
Ein dritter elastischer, rein mechanischer Oszillator kann bei Bedarf auf der mechanischen Seite angebracht werden, um die Amplitude der winzigen Bewegungen zu erhöhen (typischerweise mehrere Mikrometer) – dadurch verringert sich allerdings die Kraft. Der Effekt ist vergleichbar mit einer starken Hand, welche mit einer kleinen Bewegung einen weit ausholenden Peitschenhieb von geringer Kraft auslöst. Ein oszillierender elektronischer Schaltkreis auf der elektrischen Seite kann für eine vergleichbare, jedoch entgegengesetzte Wirkung eingesetzt werden. Er generiert die notwendige hohe Spannung für den Betrieb der Piezoaktoren unter Verwendung von Niederspannung. Diese ist wenig gefährlich, gut verfügbar etwa durch eine Batterie und einfach zu kontrollieren ist.

Die Werkzeuge der Optimierung

Alle Mitglieder eines Tanzensembles müssen sich im selben Rhythmus bewegen, um eine harmonische Wirkung zu erzielen. So werden auch alle Oszillatoren eines resonanten Piezoaktors durch eine sorgfältige Auslegung aufeinander abgestimmt. In diesem Prozess ist die Wahl der Materialien und deren Dimensionierung gleichermassen wichtig. Dabei stellen sich den Ingenieuren zwei Hauptherausforderungen: Erstens sind die Oszillatoren so stark gekoppelt, dass jede Veränderung eines Oszillators die Eigenschaften der Nachbar-Oszillatoren beeinflusst. Helbling verfügt über ein solides Verständnis der zugrundeliegenden Physik in Kombination mit leistungsfähigen analytischen und numerischen FEM-Modellen (Finite Element Method). Diese können mit einem Softwaretool, zum Beispiel COMSOL Multiphysics, zur Simulation und Optimierung der Oszillatoren eingesetzt werden.

Abbildung 3: Vergleich des gemessenen und berechneten Schwingungsverhaltens eines Piezoaktors / Abbildung: Helbling
Die zweite grosse Herausforderung ist, dass Menschen nicht in der Lage sind, die elektrischen und mechanischen Vorgänge in Oszillatoren zu beobachten, insbesondere die Bewegungen sind viel zu klein und zu schnell, um wahrgenommen zu werden. Helbling stehen dazu leistungsfähige Labormessgeräte zur Verfügung, wobei insbesondere dedizierte Laser-Vibrometer (siehe Abbildung 4) eine zentrale Rolle spielen. Sie erlauben die kontaktfreie Vermessung kleinster mechanischer Vibrationen mit höchster Präzision und zeitlicher Auflösung. Diese zentralen Messinstrumente werden ergänzt durch umfassende Laborgeräte für die Entwicklung der notwendigen analogen und digitalen Elektronik.
Abbildung 4: Berührungslose Vibrations-Messung mithilfe eines Laser-Vibrometers / Bild: Helbling

Zusammenfassung: Optimierte resonante Piezoaktoren erzeugen einzigartige Wirkungen

Resonante Piezoaktoren werden heute in diversen Anwendungen eingesetzt. Die relativ junge Technologie wird in Zukunft weitere Anwendungen finden, zumal sie – insofern sie optimiert ausgelegt wurde – einzigartige Wirkungen erzeugen kann. Helbling hat in den vergangenen Jahren erfolgreich anwendungsspezifische Piezoaktoren entwickelt und sich dabei gleichermassen Know-how und Entwicklungsinfrastruktur aufgebaut.

Autor: Niklaus Schneeberger

Hauptbild: iStock

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