Die aktuelle Entwicklung der Photonischen Integrierten Schaltungen, kurz PICs, stellt eine Revolution der Photonik dar. Dies bringt mehr Geschwindigkeit, geringere Kosten und Platzersparnis. PICs sind besonders attraktiv für hochvolumige Anwendungen, zum Beispiel für Rechenzentren, autonomes Fahren oder Biosensoren. Neben vielen Vorteilen bringt die Technologie aber auch neue Herausforderungen in Bezug auf Montage, Packaging und Testen mit sich. Die interdisziplinären Entwicklungsteams von Helbling sind darauf ausgerichtet, genau diese Themen von Anfang an in den Designprozess zu integrieren.
Was sind PICs und warum sind sie nützlich?
Als elektronische Schaltungen von grossen Platinen zu miniaturisierten und voll integrierten Chips wurden, war das eine technologische Revolution, die alles kleiner, billiger und schneller machte. Die gleiche Revolution vollzieht sich gerade in der Photonik. Bisher waren photonische Bauteile eher voluminös und teuer: Sie bestehen aus mehreren optischen Elementen, die oft manuell bestückt werden müssen. Die neue Technologie der sogenannten photonischen integrierten Schaltkreise (kurz PICs) ermöglicht jedoch die Integration der Photonik auf einen Chip. Dies eröffnet neue Möglichkeiten, nicht nur im Hinblick auf billigere, kleinere und schnellere Geräte, sondern auch für neue Funktionen, die es bisher nicht gab. Beispiele sind etwa Arrayed Waveguide Gratings für optisches Multiplexing, z.B. in der Nachrichtentechnik oder Ringresonatoren für sehr schmale Bandpassfilter z.B. in der Lasertechnik.
Wie bei elektronischen Chips sind auch bei PICs mehrere optische Funktionen auf einem einzigen Chip integriert, wobei Wellenleiter die verschiedenen Elemente miteinander verbinden. Aber anders als bei elektronischen Chips, bei denen Silizium das dominierende Material ist, können PICs aus einer Vielzahl verschiedener Materialien bestehen. Zu den typischen Materialien gehören neben Silizium auch Silicon-on-Insulator, Indiumphosphat, Siliziumnitrid und Lithiumniobat.
Anwendungsbeispiele sind noch selten
PICs werden heute bereits kommerziell in Telekommunikations- und Rechenzentrumsanwendungen eingesetzt. Optische Transceiver auf PIC-Basis sind viel schneller als herkömmliche Geräte und verbrauchen gleichzeitig deutlich weniger Energie. Damit gehen sie zwei der wichtigsten Herausforderungen an, denen sich Rechenzentren heute stellen müssen. Dabei sind weitere Fortschritte zu verzeichnen: Intel bietet optische Transceiver mit 400 Gb/s an und hat bereits eine Version mit 800 Gb/s angekündigt.
PICs sind auch in anderen Bereichen auf dem Vormarsch. Diese Möglichkeiten werden jedoch noch kaum kommerziell genutzt. Hier besteht noch ein grosses Potenzial, zum Beispiel als Plattformen für kostengünstige, robuste LIDARs für das autonome Fahren, Quantencomputersysteme sowie in medizinischen Geräten eingesetzte Biosensoren, etwa bei Geräten für Point-of-Care Diagnostik sowie Geräten für den Heimgebrauch. PICs eigenen sich aufgrund der kleinen Baugrösse und niedrigen Kosten beispielsweise für ein miniaturisiertes optisches Kohärenztomographiesystem, das in Handheld-Geräten eingesetzt wird. In diesem Bereich konnte Helbling bereits Erfahrungen mit entsprechenden Konzepten sammeln.
Die Entwicklung von Bauteilen mit PICs erfordert einen ganzheitlichen Ansatz
PICs werden in waferbasierten Prozessen hergestellt, was sie für grossvolumige Anwendungen besonders attraktiv macht. Bei der Herstellung der Chips wird auf bereits bestehende Technologien zur Herstellung von Elektronikchips zurückgegriffen, was auch bei Photonenchips bereits zuverlässig funktioniert. Die aktuellen Herausforderungen bei der Herstellung von PICs liegen vor allem im Bereich der Montage-, Packaging- und Testprozesse. Ein Chip ist nur ein Chip und kann nicht verwendet werden, wenn er nicht verpackt und in ein Gerät integriert ist. Hohe Produktionsvolumina erfordern automatisierte Fertigungsprozesse – insbesondere, um die Produktionskosten tief zu halten. Für die Montage und das Packaging kann die PIC-Industrie nur in begrenztem Umfang auf bestehende Elektronikproduktionsanlagen zurückgreifen, da viele Prozesse und Werkzeuge speziell für die Anforderungen eines PIC-Bauteils entwickelt werden müssen.
Diese Produktionsaspekte müssen von Beginn der PIC-Entwicklung an berücksichtigt werden, ausgehend von grundlegenden Entscheidungen über die Systemarchitektur des Geräts. Welche Funktionen hat das Gerät und welche davon können und sollen in den Chip integriert werden und welche sind besser als externe Elemente aufgehoben? Welche Arten von Schnittstellen werden benötigt? Es ist wichtig, nicht nur optische Ein- und Ausgänge zu berücksichtigen, sondern auch elektrische, mechanische und thermische Schnittstellen. Die Beantwortung dieser Fragen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung eines leistungsfähigen Bauelements, das sich auch sinnvoll montieren und verpacken lässt. Montage und Packaging, aber auch Tests zur Qualitätskontrolle stellen Anforderungen an das PIC-Design, deren Nichtbeachtung fatale Folgen hätte: Chips wären schlicht nicht herstellbar oder in der Produktion sehr teuer. Ausgangspunkt sollte deshalb eine solide Systemarchitektur für den Chip sein, die auch alle Fertigungsaspekte berücksichtigt. Die breite interdisziplinäre Kompetenz von Helbling, welche Optik, Elektronik, Mikrotechnik, Produktionstechnik und vieles mehr umfasst, bietet eine solide Basis für die Entwicklung der Systemarchitektur für PIC-basierte Geräte.
Vielfältige Herausforderungen in Bezug auf die Integration und das Packaging von PICs
Die Anforderungen an das PIC-Packaging unterscheiden sich von denen klassischer ICs, so dass neue Maschinen, Produktionsanlagen, Aktivierungsverfahren und Qualitätskontrollschritte erforderlich sind.
1. Herausforderungen bei Integration und Packaging
Das PIC-Packaging erfordert verschiedene optische und elektrische Schnittstellen für das Ankoppeln von Fasern oder Freiraumoptiken sowie für die Stromversorgung und Hochgeschwindigkeitssignalübertragung. Um ein Layout zu gewährleisten, welches die Zugänglichkeit für Montage- und Produktionsschnittstellen etwa mit Nadeln oder Fasern zulässt, müssen diese Aspekte bereits früh in der PIC-Planung berücksichtigt werden.
2. Herausforderungen bei der Montage
Der komplexe Prozess beinhaltet oft das präzise Ausrichten optischer Komponenten, gefolgt von der Aushärtung des UV-Klebers. Währenddessen bleibt das PIC mit Strom, Daten und optischen Ein- und Ausgängen verbunden. Die enorme Vielfalt an PIC-Designs stellt eine Herausforderung bei der Entwicklung von hochgradig flexiblen Maschinenkonzepten dar, die zahlreiche schnell bewegliche Achsen erfordern, um einen optimalen Durchsatz zu erzielen.
3. Herausforderungen beim Testen
Effizientes Testen erfordert erneutes Kontaktieren sowohl optischer als auch elektrischer Schnittstellen, um Leistungsbewertungen oder Burn-in-Verfahren durchzuführen. Um die Kosten für die Ausrüstung zu senken, sollte die Konsolidierung von Montage und Prüfung innerhalb desselben Prozessschritts in Betracht gezogen werden. Das erhöht zusätzlich die erforderliche Maschinenflexibilität.
Mit Blick auf die Produktionsmaschinen ist die Entwicklung neuartiger Funktionen von grosser Bedeutung. Es ist entscheidend, schnelle und flexible Maschinen zu entwickeln, die den Standards einer partikelfreien Umgebung entsprechen. Helbling ist in der Lage, Kunden aus dem Halbleiter- und Photonikmarkt mit Know-how bei der Entwicklung von Produktionsanlagen zu unterstützen, welche auf diese anspruchsvollen Anforderungen zugeschnitten sind.
Zusammenfassung: Clevere PIC-Entwurfsprozesse bieten einen erheblichen Mehrwert
PICs bedeuten eine Revolution in der Photonik. Um die Vorteile dieser Technologie optimal nutzen zu können, müssen jedoch einige Aspekte bereits beim Design berücksichtigt werden. Die Entwicklung beginnt mit grundlegenden Entscheidungen über die Systemarchitektur des Bauteils. Helbling verfügt über tiefes Know-how in den Bereichen Optik und Mechatronik und ist daher in der Lage, sowohl das Bauteil mit dem PIC selbst als auch das Prozess-Equipment für die PIC-Montage und das Packaging zu entwickeln.
Autoren: Helen Wächter Fischer, Fabian Schneider
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