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Freiformoptiken ermöglichen innovative Lichtlösungen

Februar 2022

Mit optischen Freiformflächen kann das Licht in nahezu beliebige Formen oder Richtungen gelenkt werden. Der Vorteil: Diese optischen Elemente sind ebenso für sehr spezifische wie massentaugliche Anforderungen geeignet, was aussergewöhnlich viele Anwendungen ermöglicht. Für seine Kunden erweitert Helbling mit interdisziplinären Teams kontinuierlich die Einsatzmöglichkeiten und macht diese Technologie somit für immer mehr Unternehmen nutzbar.

Optische Freiformflächen basieren auf dem gleichen Funktionsprinzip wie konventionelle Optiken: Einfallendes Licht wird entweder reflektiert oder gebrochen. Im Vergleich zu klassischen optischen Flächen können Freiformoptiken beliebig geformt und optimal auf die jeweilige Anwendung abgestimmt werden, denn sie müssen keinerlei Symmetrie aufweisen. Dadurch eröffnen sich vielseitige Möglichkeiten für effiziente und kompakte Lösungen für Beleuchtungsoptiken sowohl im Nischen- als auch im Massenmarkt. Etwa ist eine homogene Ausleuchtung begrenzter Flächen möglich. Ebenso können mit dieser Technologie optische Messprinzipien gezielt umgesetzt werden, was für optische Sensoren zu sehr kostengünstigen Lösungen führen kann. Helbling entwickelt seit Jahren neue Anwendungen, bei denen die Vorteile optischer Freiformflächen genutzt werden. Darunter waren etwa Regen-Lichtsensoren für die Automobilindustrie oder Beleuchtungsoptiken für Kameramodule.

Dabei erleichtern mehrere Faktoren die Entwicklung und den Einsatz optischer Freiformflächen wie auch anderer optischer Elemente. Zuvorderst macht die Halbleiterelektronik seit Jahrzehnten rasante Fortschritte: Die Leuchtkraft von LEDs, VECSL und Laserdioden steigt pro Volumeneinheit bei gleichzeitiger Reduktion der Kosten. Zusammen mit der Rechenleistung von Computern werden auch Simulationstools kontinuierlich verbessert. Gerade das vereinfacht und beschleunigt die technische Entwicklung von optischen Systemen enorm. Ergänzend erleichtern moderne Produktionsmethoden die Fertigung in der Serie: Während vor 20 Jahren ein Spritzgusswerkzeug gemäss einer detaillierten technischen Zeichnung hergestellt wurde, kann heute eine Freiformfläche direkt auf Basis von 3D-Daten gefertigt werden.
 

Optik ermöglicht beliebige Lichtverteilung


Die Vorteile optischer Freiformflächen liegen auf der Hand: Lichtquellen selbst erzeugen meist einen breiten Lichtkegel ohne wesentliche Struktur. Wenn jedoch nur ein definierter Bereich homogen ausgeleuchtet werden soll, wie in Abbildung 1 dargestellt, so muss die Optik die Lichtstrahlen gezielt umlenken und passend verteilen. Anstelle einer Kombination einfacher optischer Komponenten eignen sich in solchen Fällen Freiformflächen besonders gut. Häufig erzielt hier bereits ein einzelnes optisches Element die gewünschte Wirkung. Dies erlaubt es, die Anforderungen an Bauraum und Lichtverteilung optimal zu erfüllen und führt in der Regel zu einer hohen optischen Effizienz. Darüber hinaus lassen sich neben homogenen Flächen auch beliebige Lichtverteilungen erzeugen – so zum Beispiel das Smiley-Emoji, wie in Abbildung 1 rechts dargestellt.

Abbildung 1: Drei verschiedene Simulationsergebnisse in dem Simulationsprogramm «LightTools»: Links die Lichtverteilung einer normalen LED ohne Optik. In der Mitte eine Freiformfläche zur Ausleuchtung einer rechteckigen, homogenen Fläche. Mit dem Beispiel rechts soll gezeigt werden, was prinzipiell mit einer Freiformoptik möglich ist: die Ausleuchtung einer Emoji.

Simulationstools verhelfen zu effizienter Umsetzung

Bei der Entwicklung von Freiformflächen setzt Helbling auf eine Kombination von zwei sehr unterschiedlichen Simulationstools: Mit «FFOptik» wird die Freiformfläche zunächst unter idealisierten Bedingungen für eine gewünschte Lichtverteilung mathematisch exakt berechnet. Dies geht sehr schnell und benötigt nur wenig Rechenleistung. In einem zweiten Schritt erlaubt «LightTools» dank umfangreicher Material- und LED-Datenbanken die Durchführung von realitätsnahen optischen Simulationen und Analysen basierend auf der Methode des «ray-tracings». Hier werden die idealisierten Annahmen durch Modelle und die exakte Berechnung durch das stochastische Verfahren der Monte-Carlo-Simulationen ersetzt. Anhand der Simulationsergebnisse können gegebenenfalls iterativ Anpassungen bei der Berechnung der Optik definiert werden. Gerade dieses Zusammenspiel ist ein wichtiger Baustein zur erfolgreichen und effizienten Umsetzung optischer Konzepte in die Praxis.

Abbildung 2: Simulation der Freiformoptik in «LightTools» auf Basis von gemessenen Strahldaten einer LED. Links ist die Optik zu sehen und rechts das Simulationsergebnis.

Kurze Wege zum ersten Aufbau

In enger Zusammenarbeit mit seinen Partnern kann Helbling erste Funktionsmuster einer Kunststoffoptik einfach und zeitnah realisieren. Die Optiken werden mit modernsten Ultrapräzisionsmaschinen durch Diamantdrehen oder -fräsen innerhalb kurzer Zeit – rund zehn Arbeitstagen – gefertigt. Basierend auf Rapid Prototyping wird diese Optik dann mit der entsprechenden Lichtquelle in ein Funktionsmuster integriert. Anschliessend kann die Lichtverteilung im Labor vermessen oder vom Kunden bereits in der gewünschten Anwendung getestet werden. Anhand der Messung lassen sich die geforderten Spezifikationen verifizieren, so zum Beispiel die Homogenität, Intensität oder Farbtreue. In der Serienproduktion werden Freiformoptiken in der Regel per Spritzguss oder Blankpressen hergestellt. Für die Produktionskosten spielt es dabei keine Rolle, ob es eine klassische sphärische Optik oder eine Freiformfläche ist. Diese hängen primär von den geforderten Toleranzen und der Oberflächengenauigkeit ab, nicht aber von der Form der Fläche.

Abbildung 3: Bild aus dem Optik-Labor von Helbling: Lichtverteilung einer Emoji-Optik (Freiformfläche).

Anwendungen für den Nischen- und den Massenmarkt

Ein häufiger Wunsch von Kunden ist eine homogene Ausleuchtung von Flächen (vgl. Abbildung 1). Gerade wenn die Optik aufgrund des Bauraums nicht zentral über der Zielfläche, sondern seitlich angebracht werden soll, eignen sich Freiformoptiken hervorragend für die Verbesserung der Lichtverteilung. Die Optik kann dann so ausgelegt werden, dass keine Kompromisse bei der Anwendung oder beim Design eingegangen werden müssen. Ein konkretes Beispiel ist die Beleuchtung für eine Kameraanwendung (vgl. Abbildung 4). Hier kompensiert die Freiformoptik den Helligkeitsabfall im Randbereich des Objektivs, die sogenannte Vignettierung. Weitere Beispiele sind die gezielte Formung des Strahlprofils eines Lasers, die Beleuchtungen für HMIs oder Anwendungen mit Lichtleitern. In der Beleuchtungsoptik verteilt die Freiformfläche die optische Leistung im Raum. Komplementär hierzu kann eine Freiformfläche ebenso das Licht der Umgebung sammeln und auf einen Detektor leiten. Konkrete Beispiele hierfür sind die Lichtmessung in Räumen für Bewegungsmelder oder die Anwendung in einem Regen-Lichtsensor für die Automobilindustrie. Es ist einerseits möglich, die Lichtintensität über ausgedehnte Bereiche homogen zu erfassen, andererseits kann eine spezifische Winkelabhängigkeit der Sensitivität realisiert werden. Damit können für spezifische Anwendungen optoelektronische Sensoren im low-cost Bereich entwickelt werden.

Abbildung 4: Zwei Beispiele mit typischen Anwendungen der Freiformoptik: Links das Bild der Kunststoffoptik eines Regen-Lichtsensors für die Automobilindustrie. Rechts eine Kameraanwendung mit einer individuell abgestimmten Beleuchtungsoptik.

Zusammenfassung: Helbling perfektioniert den Einsatz einer innovativen Technologie

Freiformflächen bieten vielfältige Möglichkeiten bei der Gestaltung optischer Systeme und Anwendungen. Sie erlauben in der Beleuchtungsoptik individuelle Lichtverteilungen, können in Nischenanwendungen spezielle Anforderungen erfüllen oder ermöglichen kostengünstige optoelektronischen Sensoren für den Massenmarkt. Trotz der hohen Komplexität der Oberflächenform kann die Optik mit Standardverfahren, wie zum Beispiel per Spritzguss, aus Kunststoff hergestellt werden. Durch den Einsatz moderner Entwicklungsmethoden und dem Zusammenspiel unterschiedlicher Kompetenzen bei Helbling können Anwendungen mit Freiformoptiken in einem etablierten Vorgehen entwickelt, gefertigt und getestet werden.

Autoren: Christian Gross, Johannes Eckstein

Factbox

Effizienter Ansatz zur Optimierung einer Freiformfläche

Anders als bei den klassischen, einfacheren optischen Elementen ist die Geometrie der Freiformfläche nicht durch wenige Parameter mathematisch exakt definiert. Vielmehr ist die Form einer Freiformfläche abhängig von der gewünschten Ausleuchtung und folglich im Allgemeinen nicht symmetrisch. Eine Optimierung der optischen Fläche basierend auf «ray-tracing» und der konventionellen Minimierung einer Zielfunktion ist im Prinzip möglich, jedoch in vielen Fällen aufgrund der grossen Anzahl an Parametern nicht zielführend.

In einem alternativen Ansatz, welcher bei der Software «FFOptik» zur Anwendung kommt, wird eine Differenzialgleichung basierend auf den optischen Grundprinzipien formuliert. Die entsprechenden Randbedingungen sind durch die Lichtquelle, die gewünschte Intensitätsverteilung und die Grösse der Optik definiert. Ein zentrales Element dabei ist der Normalenvektor der Fläche an jedem Punkt, welcher bestimmt, in welche Richtung ein einfallender Strahl von der Optik abgelenkt wird. Zusammen mit den Randbedingungen kann diese Differenzialgleichung numerisch eindeutig gelöst werden. Dies erlaubt die Berechnung der optimalen optischen Fläche in einem hohen Detailgrad und gewährleistet die Übertragung ohne Informationsverlust in ein 3D-Modell als step-Datei.

Kontakt

Dr. Johannes Eckstein

Hubstrasse 24
9500 Wil

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